Die KAB in der Verantwortung für eine gerechte und solidarische Gesellschaft

Die Beziehung zwischen Religion und Politik ist von grundlegender Bedeutung – Gedanken der KAB Deutschland, die auch für die Schweiz bedenkenswert sind.

Für viele Menschen in Deutschland scheinen Politik und Religion zwei völlig getrennte Bereiche zu sein. Der Glaube an Gott oder das Fehlen eines solchen Glaubens wird oft als persönliche Angelegenheit betrachtet. Eine Haltung, die beschleunigt durch den Missbrauchsskandal und die verzerrte Wahrnehmung der Kirche während der Coronajahre längst in der breiten Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Aber soll die Religion deshalb ihren Blick von der Politik abwenden? Für uns als gläubige Menschen hat der Glaube immer und notwendigerweise eine politische Dimension!

Im Dreischritt «Sehen – Urteilen – Handeln» betrachten wir die gesellschaftlichen Herausforderungen, bilden unser Urteil im Einklang mit den Lehren des Evangeliums und setzen dieses Urteil in die Tat um.

Solidarität statt Rechtsruck

Daher ist es jetzt umso wichtiger, dass wir uns nach der Bundestagswahl im Februar 2025 klar positionieren und aktiv an der Gestaltung der politischen Realität der kommenden Jahre mitwirken. Angesichts politischer Umbrüche und wachsender rechtsradikaler Tendenzen sehen wir uns als KAB mehr denn je in der Pflicht, uns für eine gerechte und solidarische Gesellschaft einzusetzen. Besonders im Vorfeld der Bundestagswahl wurde die Migration und deren Bekämpfung überbetont, während andere Themen, die für das Wohlergehen unseres Landes ebenso entscheidend sind, in den Hintergrund rückten. Die KAB Deutschlands kritisiert die einseitige Fokussierung des Bundestagswahlkampfs auf eine Verschärfung der Zuwanderungs- und Asylpolitik. Viel wichtiger sind Lösungen für die grossen sozialen Herausforderungen, wie die wachsende Altersarmut und der zu niedrige Mindestlohn.

Soziale Nachhaltigkeit

Die KAB fordert ausserdem, dass die Transformation der Arbeitswelt stärker in den Fokus der Politik rückt. Bereiche wie Infrastruktur, Mobilität, Produktionsabläufe und der Umgang mit Energie müssen im Hinblick auf Klimagerechtigkeit neu gestaltet werden. Eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung ist nur möglich, wenn sie gerecht und sozial ausgerichtet ist. Dazu sind erhebliche Investitionen in die Veränderung bestehender Prozesse notwendig.

Die Herausforderungen des Klimawandels und der sozialen Ungleichheit dürfen nicht ignoriert werden. Auch die ungleiche Verteilung des Wohlstands, bei der einige wenige Multimilliardäre mehr besitzen als die ärmere Hälfte der Bevölkerung, muss angegangen werden. Statt die Schuld bei den Schwächeren der Gesellschaft zu suchen, benötigen wir umfassende Reformen und eine gerechte Verteilung von Einkommen und Wohlstand.

Gerechter Sozialstaat

Die KAB Deutschlands fordert einen gerechten Sozialstaat, der seine Verantwortung gegenüber den Menschen wahrnimmt. Besonders inakzeptabel ist es, dass in einem reichen Land wie Deutschland so viele Kinder und Jugendliche in Armut leben oder armutsgefährdet sind. Ein armutsfestes Kindergrundeinkommen ist notwendig, um Familien eine Perspektive zu bieten.

Zu einem gerechten Sozialstaat gehört auch das Grundrecht auf Wohnen, das kommt in der aktuellen politischen Diskussion oft zu kurz. Der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum muss für alle gewährleistet werden. Die soziale Wohnungsförderung muss massiv ausgebaut werden, um den immer härteren Wohnungsmarkt zu regulieren. Ebenso muss die Mobilität für alle ein entscheidendes Thema bleiben. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs muss höchste Priorität haben, um auch Menschen im ländlichen Raum den Zugang zu Mobilität zu ermöglichen.

Der Mensch im Mittelpunkt

In diesen entscheidenden Monaten rufen wir unsere Mitglieder auf, gerade weil sie mit Herzblut ihren Glauben leben, sich aktiv an diesem Diskurs zu beteiligen und für eine gerechte Verteilung von Wohlstand sowie eine Gesellschaft einzutreten, die auf Respekt und Solidarität basiert. Gemeinsam für eine Politik zu kämpfen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und die Herausforderungen unserer Zeit mit Entschlossenheit und Weitblick angeht, ist unser Ziel.

Wir setzen uns für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen in Würde und Freiheit zusammenleben können. Die grundlegenden Versprechen unserer Demokratie – dass alle Menschen gleichberechtigt sind und gleiche Rechte haben – müssen täglich eingehalten und weiterentwickelt werden. Eine Politik, die sich von Ängsten leiten lässt und Menschen an den Rändern der Gesellschaft gegeneinander ausspielt, gefährdet den sozialen Frieden und widerspricht unseren Werten.

Impulse aus der Bibel

Die Vorstellung, dass es eine klare Trennung zwischen säkularer und religiöser Welt gibt, lehnen wir ab. Was uns als Christ:innen und KAB-Mitglieder bewegt, steht in engem Zusammenhang mit unseren religiösen Überzeugungen, die unser Handeln direkt beeinflussen. Unsere Sicht auf die Welt wird durch die regelmässige Auseinandersetzung mit der Frohen Botschaft Jesu und den Schriften des Alten Testaments geprägt. Als sozial engagierte Menschen entdecken wir in vielen Bibeltexten Impulse, die für andere möglicherweise verborgen bleiben. Ein Vorbild für uns ist Nikolaus Gross, der aufgrund seiner gelebten politischen Spiritualität von den Nationalsozialisten vor 80 Jahren ermordet wurde.


Andreas Luttmer-Bensmann, Bundesvorstand der KAB Deutschlands und Stefan-Bernhard Eirich, Bundespräses der KAB Deutschlands