Es ist höchste Zeit

Papst Franziskus zur Krise unserer Welt: Klima- und Armutsfrage können nicht voneinander getrennt werden.

Acht Jahre nach der Umwelt- und Sozialenzyklika «Laudato si» doppelt Papst Franziskus mit dem Apostolischen Schreiben «Laudate Deum» (4. Oktober 2023) nach. Er macht zu Beginn klar, dass seit 2015 viel zu wenig passiert ist, um wirklich Sorge für den Planeten und die Menschen zu tragen. Und er sagt, dass die Folgen des Klimawandels auf verschiedenen Ebenen spürbar sein werden: Gesundheit, Arbeitsplätze, Zugang zu Ressourcen, aber auch Wohnraum und Migration, zu der Menschen gezwungen sein werden.

Globales soziales Problem

Für Papst Franziskus ist der Klimawandel nicht etwas, das «auch noch» stattfindet. Es sieht es als «globales soziales Problem, das eng mit der Würde des menschlichen Lebens zusammenhängt». Wie in Laudato si betont der Papst, dass sich die Frage der Umwelt nicht unabhängig von der Frage für die ärmsten und sozial schwächsten Menschen lösen lässt. Wer zur Natur nicht Sorge trägt, trägt auch zu den Menschen keine Sorge! Und umgekehrt!

Der Klimawandel zeigt sich in sich häufenden Extremereignissen, und Franziskus spricht direkt jene an, die diese Entwicklung kleinreden. Dieses Kleinreden der Klimakrise verbinde sich zu oft damit, den Armen die Schuld zu geben und etwa auf ihren Kinderreichtum zu verweisen. Man spürt in den Zeilen den Zorn des Papstes, wenn er erwähnt, wie ein kleiner Prozentsatz reicher und reichster Menschen mehr Verschmutzungen und Schäden am Planeten anrichten als die Hälfte der Weltbevölkerung.

Erweiterte Sicht

«Alles ist miteinander verbunden.» und «Niemand rettet sich allein!» sind für Franziskus der Schlüssel für die Zukunft. Und so wirft er einen Blick auf die Denkmodelle, die hinter unserer Entwicklung stehen. Er kritisiert – wie schon in Laudato si – den Glauben, technische und wirtschaftliche Entwicklung führe automatisch zu einem guten Leben für alle und den Glauben an das immerwährende Wachstum. Dies sehe man auch beim Reden über die künstliche Intelligenz, wenn man meine, der Mensch habe keine Grenzen. Dabei führt die Entwicklung gerade auch dieser Technologie dazu, dass wenige sehr viel Macht erhalten.

Ethischer Stachel

Gefordert ist ein klarer Blick auf die Zusammenhänge. Unser Leben auf dieser Welt muss verstanden werden wie das gemeinsame Leben in einem Haus, zu dem alle Sorge tragen. Darum ist es so wichtig, auf die Armen zu schauen, denn im Umgang mit ihnen zeigt sich, ob die Menschen tatsächlich Sorge zum Haus tragen – so, dass auch die Kinder noch darin wohnen können.

Papst Franziskus weiss, dass dies nur politisch auf globaler Ebene zu erreichen ist. Trotz kritischer Anmerkungen vertraut er auf die Durchsetzungskraft globaler politischer Entscheide. Er sieht die komplexen Situationen der Welt und appelliert an den Mut, Veränderungen zu wagen. Doch es dürfen nicht nur technische Ausbesserungen sein. Alle müssen sich verpflichten und sollen überprüft werden. Deutlich sagt er, dass es sich hier nicht einfach um «grüne» Anliegen handelt, sondern die Zukunft des Planeten. Es ist der Glaube, dass die Welt mit all ihren Wesen Schöpfung Gottes ist, die Motivation genug sein muss, sich einzusetzen.

Der Name des Schreibens «Lobt Gott» ist darum nicht zufällig und so schliesst der seine aufrüttelnden Gedanken: «Denn ein Mensch, der sich anmasst, sich an die Stelle Gottes zu setzen, wird zur schlimmsten Gefahr für sich selbst.»


Thomas Wallimann, Leiter «ethik22»