Perspektiven für Jugendliche und Frauen: Eindrücke aus El Salvador

Im Oktober konnte die Kommunikationsverantwortliche von Brücke Le Pont die Projektreise nach El Salvador begleiten. Die Begegnungen mit Projektteilnehmenden und Partnerorganisationen haben sie tief beeindruckt. Ein Reisebericht.

Es ist früher Morgen, als ich am Flughafen San Salvador lande. Beim Aussteigen schlägt mir feuchtwarme Luft entgegen. Das liege an der Nähe des Flughafens zur Küste, erklärt mir der Taxifahrer, der mich ins Stadtzentrum bringt. Wir fahren durch üppige Vegetation und ich staune, wie grün das Land ist.

Mein Arbeitskollege Bruno Essig, verantwortlich für das Zentralamerika-Programm von Brücke Le Pont, ist schon vor mir angereist. Am Nachmittag treffen wir unsere lokale Koordinatorin Maurens Figueroa. Sie ist in San Salvador aufgewachsen und arbeitet seit vielen Jahren mit Organisationen, die sich für die Rechte von Frauen und Jugendlichen einsetzen.

Jugendliche mit grosser Motivation

Die ersten Tage besuchen wir unsere Berufsbildungsprojekte. Während Bruno und Maurens sich mit unseren Partnerorganisationen zu all dem austauschen, was in Online-Sitzungen unter dem Jahr zu kurz kommt, kann ich Interviews führen. Ich bin beeindruckt, wie selbstsicher die meisten Jugendlichen vor der Kamera erzählen, was sie aus den Projekten mitnehmen.

«Wir setzen bewusst auf eine ganzheitliche Ausbildung», sagt mir Lorena de Jesús, Pädagogin in einem der Projekte. «Wir fördern die Jugendlichen dabei, ihre persönlichen Stärken zu entdecken und realistische Lebensziele zu entwickeln.» Viele seien schüchtern in die Kurse gestartet und träten nun selbstbewusst auf. Schulungen zu sozialen Kompetenzen und zu Arbeitsrechten ergänzen die fachliche Ausbildung und stärken die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. «Brücke Le Pont ermöglicht es uns, mehr junge Menschen zu erreichen und dabei zu unterstützen, ihre Realität zu verändern. Das motiviert uns enorm», sagt Lorena. Ich spüre bei ihr und den Jugendlichen viel Optimismus.

Kämpferische Frauen

An den folgenden Tagen besuchen wir die Frauen, mit denen wir zusammenarbeiten: selbstorganisierte Hausangestellte, Textilarbeiterinnen und Heimstickerinnen. Am ersten Treffen spreche ich mit drei Näherinnen, die von einem Tag auf den andern auf der Strasse standen, weil ihre Fabrik Konkurs ging. Ihre Löhne wurden schon einige Monate vorher nicht mehr bezahlt. Eine von ihnen beginnt, während des Interviews zu weinen. Ich stelle die Kamera ab, sie fasst sich nach einem Moment und erklärt mir, dass sie 15 Jahre in der Fabrik gearbeitet hat und ihre Familie von ihrem Lohn abhängt. Eine neue Stelle zu finden, sei enorm schwierig. Eine ihrer Kolleginnen ermutigt sie: Sie glaubt daran, dass sie es mit Hilfe des Projekts und der Gewerkschaft schaffen, die ihnen zustehenden Löhne einzufordern. Doch allen ist klar: Dafür braucht es einen langen Atem.

Eindrückliche Geschichten im Gepäck

Am letzten Tag steht ein Austausch mit REDI an, dem Netzwerk der Partnerorganisationen, die in der Berufsbildung und Arbeitsmarktintegration tätig sind. Das Treffen zeigt mir, wie gut sich die Organisationen koordinieren, um gemeinsam Perspektiven für Jugendliche zu schaffen – auch wenn das in El Salvador nicht einfach ist. Ihre grosse Motivation steckt an.

Es fällt mir nicht leicht, mich nach zwei Wochen von unserer Koordinatorin Maurens und El Salvador zu verabschieden. Ich reise mit vielen Eindrücken im Gepäck zurück in die Schweiz. Mit mir trage ich die Geschichten von Menschen, die sich für eine bessere Zukunft in ihrem Land einsetzen, und dafür, dass auch Jugendliche und Frauen aus schwierigen Verhältnissen von einer fairen Arbeit leben können. Mir ist klar: Ihr Engagement verbessert die Situation unzähliger Familien. Und ich bin allen von Herzen dankbar, die den grossen Einsatz unserer Partnerorganisationen und Projektteilnehmenden mit unterstützen.


Fabienne Jacomet, Brücke Le Pont