Die erste Sektion der KAB wurde im Jahr 1899 in St. Gallen gegründet. Die KAB feiert also nächstes Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum. Gleichzeitig droht die Gefahr, dass es eines der letzten Jahre werden könnte, in dem der Zentralverband KAB Schweiz noch existiert. Wir haben zwar einen engagierten Vorstand, der motiviert ist, das Runder herumzudrehen, aber die Herausforderungen sind gross.
In über einem Jahrhundert war uns die katholische Soziallehre und die christliche Sozialethik ein verlässlicher Wegweiser. Unvergessen sind kreative Aktionen der (Selbst-)Hilfe wie die Waschmaschine auf Rädern, die den Arbeiterinnen die Hausarbeit erleichtern sollte, oder die Härdöpfelaktionen, mit denen arme und kinderreiche Familien unterstützt wurden.
Dennoch scheint es der KAB heute etwas an Zielen und Orientierung zu fehlen. Der Blick in die Welt zeigt, dass dies eigentlich nicht so sein müsste. Die soziale Frage wird wieder drängender und mit dem Klimawandel ist ein fatales Problem hinzugekommen, die sich unsere Gründerväter und -mütter wohl nicht vorgestellt hätten. Doch wo können wir ansetzen, wenn doch die einst so stolze KAB den meisten Menschen in unserem Land und sogar vielen in unseren Kirchen gar kein Begriff mehr ist?
Um diese Frage zu klären, hat sich der Vorstand der KAB Schweiz im letzten Herbst zu einer intensiven und Klausur getroffen, die ins Zukunftsweisende führte. Als ersten Schritt müssten wir Ideen finden, die…
…die KAB DNA zum Ausdruck bringen und in die Welt tragen. Dies beginnt mit der Frage, welche Bedürfnisse die Menschen haben, und wie man auf diese Bedürfnisse reagieren kann.
…mit Partnern und Partnerinnen realisiert werden können. Diese sollen die Idee auch in die Zukunft tragen können – auch wenn es die KAB einmal nicht mehr gibt.
…finanzierbar sind (durch Projektgelder), die gemeinsam gefunden werden.
…einen Raum schaffen für eine bestimmte Zielgruppe von Bürgerinnen und Bürgern.
Dieser Raum hat das Ziel die Menschen zu unterstützen in ihrer Entwicklung…
… von politischem Engagement und Zivilcourage,
… des Engagements in Verbundenheit mit menschlicher Beheimatung,
… der Fähigkeit für ethische Fragestellungen und sozialethische Wertorientierung.
Ein Brainstorming hat erste solche Ideen auf den Tisch gebracht. Als Beginn soll nun eine dieser Ideen in einem gemeinsamen Projekt mit ethik22 umgesetzt werden. Das Projekt «ethik-Koffer» soll Pfarreien und Vereinen die KAB-Tradition der Kerngruppe und die Methoden der katholischen Soziallehre näherbringen. Auf diese Weise kann es der KAB gelingen…
…zu helfen, die Menschen wieder mehr ins Gespräch miteinander zu bringen,
…die drängenden Fragen unserer Zeit stärker auf den Tisch zu bringen und sozialethisches Denken zu fördern,
…ihr eigenes Profil zu schärfen und wieder einen klareren Weg zu sehen,
… wieder bekannter zu werden und neue Personengruppen anzusprechen.
Wenn wir es unversucht lassen, – diesen oder einen ganz anderen innovativen Weg zu wagen – wird es uns nicht gelingen, dass es die KAB in einigen Jahren noch gibt. Im Vorstand KAB Schweiz haben wir beschlossen, den steinigen Weg zu gehen. Es gibt keine Erfolgsgarantie, doch Hoffen heisst Handeln und Handeln heisst Hoffen.
Jonas Sagelsdorff, Verbandssekretär KAB Schweiz