Was tun?

Wie begegnen wir dem Mitgliederschwund? Ein Antwortversuch.

Stellt sich heute eine Frage, ob Zuhause, am Arbeitsplatz, in den Ferien oder sonst wo, dann macht Gross und Klein überall auf der Welt dasselbe. Mit einem raschen Griff wird das Smartphone gezückt und die Frage oder das Stichwort wird in eine Suchmaschine eingetippt und auf Suchen geklickt.

Innerhalb von 0,49 Sekunden sind mir – nach dem Eintippen von «Was tun?» – 699’000’000 Ergebnisse angezeigt worden. Das erste Ergebnis in der Anzeigeliste war: «Was tun gegen Langeweile – 13 Tipps gegen öde Tage». Gleich darunter wird mir das Buch «Was tun?» von Lenin nähergebracht.

Das sind nicht die Antworten, die ich gesucht habe. Ich habe meine Selektion mit dem Wort «Kirche» erweitert; also «Was tun Kirche» und auf Suchen geklickt. Jetzt werden mir in 0,40 Sekunden 23’900’000 Einträge vorgeschlagen. Die ersten Ergebnisse sind auch nicht das, was ich gemeint haben: «Aus der Kirche austreten», «Kirchenaustritt». Nebst weiteren Austrittslinks gibt es auch den Eintrag «Kircheneintritt – Kirchenwiedereintritt». So weit, so gut. Ich habe noch mit ein paar weiteren Kombinationen probiert und ähnliche Suchergebnisse erhalten.

Eigentlich wollte ich im Internet Einträge finden, in welchen mir aufgezeigt wird, was wir gegen den Mitgliederschwund in der KAB und in der Kirche tun können. Also habe ich meine Sucheingabe ein weiteres Mal geändert und «Was tun KAB» eingegeben. Auch jetzt in nur 0,30 Sekunden werden mir noch immer 2’550’000 Ergebnisse aufgelistet. Bei über zwei Millionen Einträgen müssten doch ein paar nützliche Tipps und Anleitungen zu finden sein, dachte ich mir. Also habe ich einmal auf Seite eins der Ergebnisliste mit den ersten Einträgen zu lesen begonnen.

Der grösste Teil der relevanten Suchergebnisse führen mich auf diverse Homepages in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Ich fange an, dort nach Lösungen auf meine Frage zu suchen.

Ich werde auf diverse KAB-Homepage von einzelnen Sektionen, Kantonalverbänden und auch auf die Homepage der KAB Schweiz geleitet. Einige von ihnen sind mir bereits bekannt. Es gibt viel Interessantes zu lesen. Die meisten KAB-Sektionen weisen auf ihr aktuelles Jahresprogramm, ihr Tätigkeitsfeld, Sinn und Zweck und auf die vielen Aktionen, Reisen und Jubiläen hin, welche sie in der Vergangenheit gefeiert und durchgeführt haben. Die Jahresprogramme beinhalten oft gesellige Anlässe wie Jass- und Kegelabend sowie Wanderungen, Ausflüge und Gottesdienste. Leider gibt es auch Hinweise auf die Auflösung der einen oder anderen Sektion. Rezepte und Patentlösungen auf meine Frage habe ich immer noch keine gefunden.

Gut, sage ich mir, schaue ich einmal nach Deutschland und Österreich. Auch da ist im Internet Interessantes zu lesen, von Fusionen einzelner Sektionen, vom Erstellen neuer Leitbilder und auch von einigen gelungenen Aktionen wie dem gemeinsamen Masken-Nähen.

Da, vielleicht ein Lösungsansatz schiesst es mir beim nächsten Eintrag durch den Kopf. «Katholische Verbände starten Image-Kampagne», ist da zu lesen. Inhaltlich geht es in diesem Beitrag des KAB Diözesanverband Osnabrück um Folgendes:

Eine Social-Media-Kampagne und eine Plakataktion weisen auf den Einsatz der Verbände in Kirche und Gesellschaft hin. Die Social-Media-Kampagne mit Statements bekannter Persönlichkeiten, die selbst Mitglied in einem Verband sind oder deren Bestand sehr wichtig für unsere Gesellschaft halten, rückten die Bedeutung des vielfältigen, verbandlichen Wirkens in den Mittelpunkt.

Beim näheren Hinschauen habe ich doch einige strukturelle und thematische Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz festgestellt. Einerseits sind die KAB-Sektionen in unserem Nachbarland über die Diözesanverbände der Bistümer organisiert und anderseits liegt der Schwerpunkt dort bei der Unterstützung der Arbeitenden in Rechtsfragen. So bieten sie auch Rechtsberatung und Rechtsschutz in Arbeits- und Sozialrecht an.

So komme ich zu dem Fazit:

Trotz all der Anstrengungen in der Schweiz, Deutschland und Österreich vereint uns dasselbe Thema: Der starke Mitgliederschwund der letzten 30 Jahre.

Woran könnte dies liegen?

In meinem Büchergestell befindet sich noch die Mappe mit den drei Heften, welche die KAB Schweiz zum 100 Jahr Jubiläum herausgegeben hat: 1. Vergangenheit, 2. Gegenwart, 3. Zukunft sind sie betitelt. Bereits im Heft 2 machen sich namhafte Persönlichkeiten Gedanken zum Weiterbestehen und der Zukunft der KAB. So schreibt etwa Hansruedi Humm auf der letzten Seite: «Die anhaltende Krise der KAB dürfte zwei Wurzeln haben. Beide reichen bis in die Anfänge der Geschichte. Die KAB – Sektionen wie Verband – wurden gegründet, damit die katholischen Arbeiterinnen und Arbeiter der Kirche nicht verloren gehen, indem sie zu den sozialistischen Institutionen abwandern. Diese Funktion hat die KAB schon seit längerem verloren. […]

Um die katholischen Arbeiterinnen und Arbeiter in der Kirche halten zu können, wurde ihnen Hilfen zur materiellen Besserstellung vermittelt. Zahllos sind die Initiativen, ein minimales soziales Netzwerk aufzubauen. Darlehenskassen, Wöchnerinnenkassen, Krankenkassen, und vieles mehr. Diese Art von materieller Besserstellung hat sich überholt. Neue soziale Aufgaben wurden aus ideologischen Gründen verpasst (z.B. die ausserhäusliche Kinderbetreuung). KAB-Mitglieder sind heute tendenziell in diese Gesellschaft integriert, haben Familie, oft ein Häuschen, Erwerbsarbeit oder die Rente: Ihr soziales Netz funktioniert in der Regel».

Natürlich gibt es noch weitere Einflussfaktoren, bei welchen wir als Vereine nur bedingt etwas verändern können. Fanden Menschen in früheren Zeiten den Sinn des Lebens im Glauben an Gott, an ein Leben nach dem Tod und in einer tiefen Verbundenheit mit ihrer Gemeinschaft, so zerbrechen diese früheren Fixpunkte des Lebenssinns zusehends. Den Sinn des Lebens, so scheint es, finden Menschen immer häufiger in ihrem persönlichen Glück. Glück und Lebenssinn werden so mehr und mehr zu einer individuellen Angelegenheit.

Was also tun?

Die beiden Wurzeln für die Krise, welche Hansruedi Humm bereits 1999 aufgezeigt hat, sind sicher richtig. Ich denke jedoch, dass wir grundsätzlich nichts falsch gemacht haben. Unser Engagement für soziale Gerechtigkeit aus den Quellen des christlichen Glaubens und aus der Katholischen Soziallehre sind nach wie vor wichtig und richtig. Ebenso unsere Ziele: Die christlichen Grundsätze in der Familie, der Arbeitswelt, der Politik und Kirche verwirklichen zu helfen.

Wenn sich unser Denken, Reden und Tun als deckungsgleich zeigt, werden wir weiter glaubwürdig sein. Auf dieser Ebene gibt es noch viel Potential. Das gilt für die KAB und insbesondere auch für unsere Kirche.

Ich denke, es braucht auch den Mut Neues zu probieren wie z.B. neue Zielgruppen anzusprechen, neue Sozialformen zu testen etc… Dazu gehören, meiner Meinung nach auch moderne Kommunikationswege zu nutzen wie z.B. WhatsApp-Gruppen, eine zeitgemässe Homepage und anderes.

Gute Erfahrungen habe ich mit Vorträgen von Personen aus dem Dorf gemacht, Menschen, welche man kennt: Dem Hausarzt, dem Dorfladenbesitzer, der Spitexleiterin oder jungen Erwachsenen Personen, welche z.B. von ihrer Weltreise erzählt haben. An solchen Anlässen konnten wir mit «neuen» Leuten Kontakt knüpfen und einige sind nun auch bei der KAB dabei. Der im vergangenen Jahr lacierte Drachentag, an welchen wir mit Eltern und ihren Kindern zuerst Drachen gebastelt haben und sie am Nachmittag stiegen liessen, war gut besucht und hat erst noch Spass gemacht. Einige Anlässe haben wir bewusst auf jüngere und eine auf ältere Besucher und Besucherinnen zugeschnitten, das hat sich auch bewährt. An der von der KAB durchgeführten mehrtägigen Fusswallfahrt zu einem Pilgerort nehmen stetig auch immer mehr Menschen teil. Patentrezepte habe ich keine gefunden und der Mitgliederschwund findet auch bei uns statt. Trotzdem sehe ich positiv in die Zukunft, konnten wir doch in den letzten Jahren wieder einige Neumitglieder für unsere KAB gewinnen.


Beat Schürmann, Vorstandsmitglied KAB Schweiz, Präsident KAB Kestenholz